Der Kantonspolizei als Arbeitgeberin auf der Spur

Wer schon einmal auf die Polizei angewiesen war, schätzt ihre Präsenz. Wer über sie flucht, sieht wohl meist nicht die Menschen hinter der Uniform. Lezgo porträtiert den «Freund und Helfer» persönlich und nahbar.
Mit 23 Jahren begann er die Polizeischule und arbeitete sich in den vergangenen Jahren zum Dienstchef Kommunikation der Kantonspolizei Aargau hoch. Seine Aufgaben umfassen die Dienstleitung, die Unternehmenskommunikation, die Ereigniskommunikation und Medienarbeit sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Adj Dominic Zimmerli hat Jahrgang 1989 und ist in Aarau aufgewachsen sowie wohnhaft.
Adj Dominic Zimmerli im Interview

Was ist der primäre Auftrag der Kantonspolizei (Kapo) Aargau?
Wir stehen für die Sicherheit im Kanton Aargau ein. Die Kapo Aargau schützt Menschen, Sachwerte und die Umwelt – die Gesellschaft in all ihrer Form. Wir leisten Hilfe für Opfer verschiedenster Delikte und sorgen täglich für Recht und Ordnung.
Wovon profitiert die Bevölkerung im Speziellen? Wovon das regionale Gewerbe?
Es gibt einige Punkte: Unsere permanente Erreichbarkeit, dass wir 24 Stunden am Tag unterwegs sind und wir bei sehr vielen Themen beraten und weiterhelfen können. In den Wohnquartieren und auf Gewerbearealen zeigen wir regelmässige Präsenz. Das Gewerbe profitiert zudem von der Kapo Aargau als Auftraggeberin: Als Arbeitgeberin mit fast 1000 Mitarbeitenden berücksichtigen wir die regionalen KMU mit Aufträgen, zum Beispiel rund um den Gebäudeunterhalt und bei Fahrzeugkäufen. Für die Betriebe ist auch unsere Präventionsabteilung nützlich. Hier behandeln wir neue Deliktformen wie Cyber-Betrügereien. Wir gehen aktiv auf das Gewerbe zu, um auf die Problematik hinzuweisen. Dies erfolgt über persönliche Beziehungen, E-Mails, Printversand, Social Media, Kampagnen und Informationsveranstaltungen.
Die meisten Menschen haben wohl bei einer Verkehrskontrolle mit der Kapo Aargau zu tun. Werden Polizistinnen und Polizisten oft als belehrend und repressiv empfunden?
Während wir viel Prävention – also Gefahrenabwehr – leisten, gehören auch repressive Handlungen – also solche, die der Strafverfolgung zuzurechnen sind – zu unserem Auftrag. Letztlich ist jeder Berührungspunkt mit dem Menschen eine Möglichkeit, ihn für ein wichtiges Thema zu sensibilisieren. Beispielsweise bei einem Bankomaten, um auf den richtigen Umgang beim Bargeldbezug aufmerksam zu machen. Ich denke auch an den Sicherheitsgurt im Auto: Uns geht’s letztlich nicht um die 60 Franken Busse für das Nichttragen. Die Kapo Aargau finanziert sich nur zu einem unwesentlichen Teil über Geldbussen.

Was macht die Kapo Aargau zu einem «Macherbetrieb»?
Wenn man an der Front arbeitet, muss man immer mit der Zeit gehen. Auch technologisch fragen wir uns laufend: Welche dieser neuen Entwicklungen können wir selbst gebrauchen, was wird für Delikte genutzt? Weiter sind wir das wohl krisenerprobteste Unternehmen. Wir können sehr schnell auf aussergewöhnliche Situationen und Lagen eingehen, sind vorbereitet und organisiert.
Was haben Menschen gemeinsam, die bei der Polizei arbeiten?
Die Beweggründe sind wohl unterschiedlich. Ich beobachte, dass viele helfen wollen und das Bedürfnis haben, die Menschen zu unterstützen. Polizistinnen und Polizisten zeichnen sich durch ihre hohe Sozialkompetenz sowie durch ihr psychologisches und rechtliches Wissen aus. Die Ethik steht ganz oben.
Wer arbeitet hier? Welche Jobs bieten Sie an?
Wir haben rund 140 Jobprofile. Man kann bei uns unter anderem bei der Stationierten Polizei, bei der Mobilen Polizei, als Ermittlerin oder als Spezialist arbeiten. Es gibt zudem vielseitige Jobs als Technikerin (Gebäude, Fahrzeuge), im kriminaltechnischen Dienst, in der Observationseinheit, in der eigenen IT oder als IT-Ermittler, im psychologischen Dienst, im Personaldienst, Rechtsdienst und Finanzdienst, im Bereich Planung und Projekte. Die Möglichkeiten sind vielseitig, die Berufshintergründe unserer Mitarbeitenden ebenso.
Welcher Bezug besteht zur Lezgo-Region?
Wir sind mit drei grösseren Stützpunkten in Aarau, Lenzburg und Zofingen vertreten. Hier in Aarau befindet sich das Polizeikommando, den Neubau nebenan eröffnen wir diesen Herbst. In der Region läuft viel: Aarau ist ein spannendes Ballungsgebiet, Zofingen hat das Image des wilden Westens (lacht), auch als Grenzregion zu Bern, Solothurn und Luzern. Die Region Lenzburg wächst stark, was wir auch polizeilich spüren.
Wie finanziert sich die Kapo Aargau?
Die Finanzierung erfolgt zum grössten Teil über die Steuern sowie Beiträge des Bundes und zum kleinsten Teil durch Ordnungsbussen. Auftraggeber ist der Kanton Aargau, also der Souverän. Wir sind im Auftrag der Bevölkerung unterwegs.
Bilden Sie Lernende aus?
Ja, die Kapo Aargau bildet die Lehrberufe Automobil-Mechatroniker/in EFZ, Automobil-Fachfrau/-mann EFZ und Fachmann/-frau Betriebsunterhalt EFZ aus. Wir bieten je Lehrberuf eine Lehrstelle an.
Drei Lehrstellen auf 1000 Mitarbeitende sind recht wenig. Was ist der Grund?
Die Anforderungen an eine hohe Sozialkompetenz im jungen Alter sind der Hauptgrund, weshalb die Kapo Aargau derzeit nicht mehr Lehrstellen anbieten kann. Wer diese besondere Voraussetzung mitbringt, gehört zu einem auserwählten Kreis und hat grosse Chancen.

Wie wird man Polizistin oder Polizist?
Zuerst zu den Voraussetzungen: Man muss das Schweizer Bürgerrecht besitzen, einen einwandfreien Leumund haben, mindestens 20 Jahre alt sein und die Sekundar- oder Bezirksschule absolviert haben. Es gibt Ausnahmen, bei denen auch ein Realschulabschluss akzeptiert wird. Weiter muss man eine Berufsausbildung EFZ, eine gymnasiale Maturität oder eine gleichwertige Ausbildung abgeschlossen haben. Für Frauen und Männer gilt gleichermassen die Mindestgrösse von 1,60 m. Alles Weitere wird individuell angeschaut und beurteilt, nach oben gibt es zudem keine Altersgrenze. Nach einem Jahr Polizeischule mit Theorie und Praxis sowie zwei Praktika im Korps an der Front, ist man ein Jahr mit der Mobilen Polizei am Frontdienst im Einsatz. Danach folgt die Abschlussprüfung. In zwei Jahren kann man Polizistin oder Polizist werden.
Herrscht bei Ihnen auch Fachkräftemangel?
Wir dürfen uns über einen Vollbestand freuen, es wird aber künftig wohl nicht einfacher, geeignete Leute zu finden. Heute bieten wir potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten ein dynamisches Auswahlverfahren an: Bei der Kapo Aargau kann man sich das ganze Jahr über bewerben, was früher nicht so war. Die Teilnahme an Informationsveranstaltungen ist heute auch per Webinar abends möglich. Im besten Fall erhält man schon innerhalb eines Monats Bescheid, ob eine Ausbildung zur Polizistin oder zum Polizisten möglich ist oder nicht.
Wie steht es um die Digitalisierung?
Wir sind sehr weit. Alle Mitarbeitenden haben Dienst-Smartphones und -Notebooks, das Rapportsystem erfolgt komplett digitalisiert und ohne Papierakten. In den Fahrzeugen verfügen wir über eigene Navigationssysteme, über die auch die Aufträge reinkommen. Die Technologie wird in allen Abteilungen sinnvoll eingesetzt.
Setzt die Kapo Aargau künstliche Intelligenz (KI) ein?
Momentan noch eher zurückhaltend. Bei der «Verbrecherjagd» und dem Verhalten von Personen sind immer noch viel Manpower, Bauchgefühl, menschliche Erfahrung, Einschätzung und Entscheidung gefragt. Bei Präsentationen, bei denen wir aus Datenschutzgründen nicht auf echte Bilder zurückgreifen dürfen, hilft uns KI sehr. Inzwischen haben wir auch ein sehr gutes Tool im Einsatz, welches gesprochene Einvernahmen transkribieren kann – datenschutzkonform. Das ist sehr eindrücklich und hilfreich.
Wie nutzt die Kapo Aargau Social Media?
Seit einigen Jahren sehr aktiv und regelmässig. Die Präsenz in den Sozialen Medien kommt in der Bevölkerung gut an. Gerade über TikTok und Instagram erreichen wir auch die jüngere Generation. Es ist uns sehr wichtig, nahe bei den Kindern und Jugendlichen zu sein, um sie zum Beispiel vor gefährlichen Trends zu schützen. So können wir Präventionsinhalte zielgruppengerichtet und wirkungsvoll vermitteln. Jüngst zum Thema Amokdrohung an Schulen. Weiter nutzen wir Social Media, um Einblick in unseren Berufsalltag zu geben. Das ist deshalb besonders wichtig, weil man den Beruf der Polizistin, des Polizisten, nicht schnuppern kann. Der Kommunikationsdienst hat eigene Content Creators, die wiederum Polizistinnen und Polizisten sind.
Wie sieht es mit den klassischen Medien aus?
Wir wählen den Kanal aufgrund der Zielgruppe aus. Themen wie Enkeltrickbetrug oder Kleinanzeigenbetrug, die sich an eine eher ältere Zielgruppe richten, kommunizieren wir nach wie vor auch in den klassischen Printmedien. Eine Verlagerung hin ins Digitale ist aber nicht zu leugnen.

Welche Botschaft möchten Sie an Schülerinnen und Schüler der Oberstufe richten?
Schaltet bei TikTok-Challenges zuerst euren Kopf ein: Überlegt immer, was euer Handeln für Folgen haben kann. Nicht immer müssen andere darunter leiden, es kann auch die eigene Gesundheit und das eigene Leben betreffen: Bei einer jüngeren Challenge wurde übermässig Paracetamol konsumiert, was eine Schädigung des eigenen Körpers zur Folge haben kann. Und: Achtet darauf, was ihr im Netz von euch Preis gebt, welche Bilder ihr veröffentlich und mit wem ihr diese teilt.
Welche Botschaft möchten Sie an deren Eltern richten?
Geben Sie Ihren Kindern einen vernünftigen Umgang mit Social Media und dem Smartphone mit. Eine gesunde Kindheit hat die präventivste Wirkung. Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie mit sich und der Situation überfordert sind, um eine Besserung zu erreichen.
Wofür steht die Kapo Aargau – in einem Satz?
Wir stehen gemeinsam mit der Bevölkerung für einen sicheren Kanton – gestern, heute und in Zukunft.
Ihre Meinung zu Lezgo?
Das Lezgo-Magazin wirkt hochprofessionell, beinhaltet mit viel Liebe zum Detail aufbereitete informative Reportagen und ist sehr schön gestaltet.
Herzlichen Dank für das inspirierende Interview.
Kanton Aargau
Departement Volkswirtschaft und Inneres
Kantonspolizei Aargau
Tellistrasse 85
5001 Aarau
062 835 81 81
dominic.zimmerli@kapo.ag.ch
www.ag.ch/kantonspolizei
«Kapo on Tour»
Mehrmals jährlich kann die Kapo Aargau an Events und Messen persönlich besucht werden. Hier geht’s zu den nächsten Terminen.
Lehrstelle bei der Kapo Aargau
Möchtest du einen der folgenden Berufe erlernen? Melde dich bei uns!
Automobil-Mechatroniker/-in EFZ
Automobil-Fachmann/-frau EFZ
Fachmann/-frau Betriebsunterhalt EFZ
Ansprechpartner ist
Berufsbildner Urs Kaspar:
062 886 88 64 oder
urs.kaspar@kapo.ag.ch
Hier gibt es weitere Infos.
Pol, Wm mbV, Adj – wie bitte?
Die Polizei ist in Dienstgraden und Funktionen organisiert. Der folgende Auszug bezieht sich auf die verwendeten Abkürzungen in diesem Beitrag; es gibt noch viele andere.
Abkürzung: Pol
Dienstgrad: Polizist/-in
Abkürzung: Wm mbV
Dienstgrad: Wachtmeister/-in mit besonderer Verantwortung
Abkürzung: Adj
Dienstgrad: Adjutant/-in (Offizier/-in)
Ohne Polizeischule zur Kapo Aargau? Das geht!
Der Weg zur Kantonspolizei Aargau führt nicht bloss über die Polizeischule. Ein Korpswechsel oder ein Quereinstieg als Fachspezialistin oder -spezialist sind ebenfalls beliebte Optionen. Hier gibt es mehr Informationen dazu.